Studienrat Dr. Seidel ist zwar ein geachteter, aber
nicht unbedingt beliebter Lehrer. Im Schulzimmer
des Gymnasiums von Freudental thront er als kleiner
Herrgott über den Schülern. "Starke
Persönlichkeiten setzen sich überall durch",
so lautet einer seiner Lieblingssätze. Ausgerechnet
dieser Losung soll er sich selbst gewachsen zeigen,
als ihm Oberschulrat Wagner vorschlägt, die
Problemklasse einer Großstadtschule zu übernehmen.
Sie hat gerade wieder einmal einen Lehrer an den
Rand des Nervenzusammenbruchs gebracht. Es zeigt
sich bald, dass Dr. Seidels Methoden bei den neuen
Schülern keinen Erfolg haben. Achim Bork und
seine Freunde sind völlig anders geartet als
seine Freudentaler Schüler. Außerdem
hetzt sie der von der Schule geflogene Harry Engelmann
gegen ihn auf. Eigentlich hat Seidel nur drei Menschen,
denen er vertrauen kann: Vera Bork, Achims ältere
Schwester, Fräulein Dr. Selinski, eine altjüngferliche
Kollegin und Freddy Blei, Catcher und Pensionsnachbar.
Zunächst von seinen Schülern verhöhnt
und terrorisiert, findet Dr. Seidel allmählich
den richtigen Ton. Mit Staunen und Überraschung
registrieren seine Schüler die Wandlung des
"Paukers" zu einem Mann, dem auch die
wildesten Rowdys Achtung zollen.
Als Heinz Rühmann (1902-1994) den deutschen
Spielfilm "Der Pauker" drehte, stand er
auf dem Zenit seiner Karriere im deutschen Nachkriegsfilm.
Das Publikum liebte den gereiften Rühmann (er
war damals 56 Jahre alt) genauso wie den Komiker
der turbulenten UFA-Lustspiele der Dreißiger-
und Vierzigerjahre. "Es war ein neuer Rühmann,
einer, über den die Menschen nicht nur Tränen
lachen, sondern auch Tränen weinen sollten",
so Gregor Ball. Zwei Jahre zuvor war dieser neue
Rühmann mit der Zuckmayer-Verfilmung "Der
Hauptmann von Köpenick" geboren worden.
Im Jahr des "Paukers spielte er u.a. den "Eisernen
Gustav" nach Fallada und den Dürrenmattschen
Kommissar Matthäi in "Es geschah am helllichten
Tag". Die Figur des Dr. Seidel hat zwar nicht
die tragische Dimension der beiden anderen Erfolgsfilme
des Jahres 1958, doch auch hier fehlen trotz des
humoristischen Grundzuges nicht die ernsten Züge.
"Rühmann ist hier ganz in seinem Element,
leise und überlegen, herzlich und scheu, hilflos
und verschmitzt. Er ist ein dezenter, auf versöhnliche
Art komisch wirkender, exakter Einpauker. Disziplin
heischend, streng blickend, mit sanft ironischer
Stimme und forschen Bewegungen - der aber dann,
wenn alles klappt, jene augenzwinkernde Herzlichkeit
verrät, die ihn so liebenswert macht."
(Münchner Merkur).
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